🎬 9:16 – Der Untergang der Zivilisation in Pixeln
Unsere Tochter ist in Australien. So richtig weit weg. In Australien steht alles auf dem Kopf. Selbst das Lenkrad ist rechts, statt links.
Technisch ist der Mond leichter zu sehen, als Australien weil da nicht die Erdkugel im Weg ist. Aber sie hat flottes WLAN, was die Entfernung schrumpfen lässt.
Doch was hat das mit unserem beliebten 16:9 Film- und Kino-Formast zu tun?
Sie meldet sich regelmäßig.
Mit Videos.
Mit vielen Videos.
Mit hochkant gefilmten Videos.
Mit ausschließlich hochkant gefilmten Videos.
Jeden! Einzelnen! Tag!
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Ich will ja nicht altmodisch klingen, aber ich frage mich wirklich:
Was haben diese Geräte getan, dass sie ständig wie ein zugeschlagenes Buch gehalten werden müssen?
Gott – ja, der Gott – hat uns zwei Augen gegeben.
Nebeneinander.
Wie es sich gehört.
Nicht eins auf der Stirn und das andere am Kinn.
Schritt 1: Urs und Tina haben den Fernseher den Videos der Tochter angepasst.
Voll im Instagram Style – yeah!
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Und dann sitze ich da, vor dem Fernseher,
ein Wahnsinns-Gerät von TV, hochauflösend, breit wie Reifen eines Sportwagens, smart, surround-sound- rechts links, hinten-rechts, hinten-links. Also richtig breite Tonkulisse …
und darf…
zwei gigantische schwarze Balken bewundern.
Links: Balken.
Rechts: Balken.
In der Mitte: ein wackelndes Koala-Nasenloch.
Altmannsberger kann’s auch mit Humor
Verpasse nicht die Erstellung des humorvollen Kriminalromans
Versteht mich nicht falsch, wir lieben die Videos. Und unsere Tochter – natürlich.
Aber jedes Mal, wenn der Fernseher wieder ein senkrechtes Video zeigt,
stirbt irgendwo ein Filmregisseur aus den 80ern.
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Schritt 2: Urs uns Tina haben sich den Videos der Tochter angepasst.
OP war -obwohl strategisch verhandelt – nicht billig!
Vielleicht baue ich ihr zum Geburtstag ein Smartphone-Stativ.
Eins, das sich weigert, nach oben zu kippen.
Eins mit Prinzipien.
Oder ich programmiere eine App, die automatisch losschreit,
sobald jemand das Handy senkrecht hebt:
„DAS IST EIN SMARTPHONE, KEIN WEIZENBIER-GLAS!“
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Oder noch besser:
Ein Algorithmus, der das Bild bei Hochkantaufnahme sofort um 90 Grad kippt
– und dann für immer so bleibt.
“Was ist das?”
“Ein Delfin.”
“Achso, sah aus wie ein umgekippter Toaster.”
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Neulich kam ein neues Video.
Titel: “Wunderschöner Sonnenuntergang auf Green Island.”
Ich hab’s vier Minuten lang geschaut.
Am Ende stellte sich raus: Ich hatte die Helligkeit am Fernseher zu hoch.
War gar kein Sonnenuntergang.
War ein Mango-Smoothie gegen die Fensterscheibe gefilmt und das in Zeitlupe.
Hochkant natürlich.
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Ich gebe die Hoffnung nicht auf.
Vielleicht schickt sie ja eines Tages ein Video –
Querformat, 16:9, mit liebevollem Bildausschnitt.
Einmal die Welt sehen wie ein Mensch, nicht wie ein Maulwurf mit Prismen-Seh-Rohr.
Bis dahin bleibt nur eins:
Liebe.
Sehnsucht.
Und zwei schwarze Balken links und rechts.
Life in 9:16. Life in 2025.