Auch Verkäufer loten relativ aus! 2 Tipps, die Dich nicht mehr verzweifeln lassen

20. November 2021

Kürzlich haben wir uns in meinem Altmannsberger-Verhandlungs-Blog mit einer Deiner Profi-Verhandler-Taktiken in Deiner beruflichen Rolle als Profi-Einkäufer im Unternehmen beschäftigt: mit dem „relativen Ausloten“. Heute schauen wir uns das aus der anderen Perspektive an – aus der des Verkäufers oder der Vertrieblerin, der oder die mit Dir in der Verhandlung steht.

Relatives Ausloten ist auch eine Verkäufer-Taktik!

Kennst Du diese Fragen der Verkäufer rsp. Vertriebler?

  • „Wo müssen wir denn preislich hin?“
  • „Welche Preisvorstellung haben Sie?“
  • „Welches Budget haben Sie?“, und in der Fortsetzung: „Wie weit dürfen wir das Budget maximal überschreiten?“

Warum stellt der Verkäufer diese Fragen? Nun, er weiß ebenfalls: Auch DU hast KEINE FIXE ERRECHENBARE Schmerzgrenze! Und darum versucht auch er, sich Deiner Preisvorstellung anzunähern. Nehmen wir an, Du benötigst ein Produkt besonders eilig – gerade jetzt in oder nach der Corona-Krise, um Deine Produktion wiederanlaufen oder (einigermaßen) weiterlaufen zu lassen: Dann bist Du, ist Dein Unternehmen, bereit, einen höheren Preis zu zahlen. Hauptsache, das Produkt kommt rechtzeitig!

Vertrieb orientiert sich an Deinem Budget – also verschweige es

Und noch ein Aspekt ist dem Verkäufer (unbeachtlich Corona oder anderer Krisen) wichtig: Wenn Du Dein Budget nennst, orientiert er sich daran mit seinem Angebot. Nehmen wir an, Du hast ein Budget von 25.000 Euro für eine (coronabedingte, daher dringende) Umbaumaßnahme im Bürotrakt vorgesehen. Und denkst, Du kannst ihn damit unter Druck setzen, wenn Du ihm das mitteilst – womöglich gleich verbrämt mit dem Hinweis auf die schlimmen Zeiten (aber denkend, dass er Dir noch viel mehr dafür abknüpfen könnte, da der Vertriebsmitarbeiter inhaltlich leider gerade Oberwasser hat – DU hast ja gerade den Zeitdruck, die Büroflächen entsprechend umzubauen, damit der Laden weiterläuft).

Der Vertriebler hat seinerseits natürlich einigermaßen großzügig kalkuliert und kommt intern auf einen Betrag von 18.000 bis höchstens 19.000 EUR. Diese Kalkulation wird er Dir natürlich nicht auf die Nase binden. Stattdessen wird er von Dir – nach Deinem Vorpreschen – 29.000 Euro verlangen: „Puh, 25.000 Euro haben Sie dafür nur im Budget? Angesichts der momentanen Zeit? Ich schätze, dann kann ich höchstens bis auf 26.500 EUR entgegenkommen!“

Du hast Dir also mit Deiner (völlig unnötigen) Forderung eine situative Schmerzgrenze bei 25.000 Euro geschaffen. Der Verkäufer wird diese Grenze nicht mehr unterschreiten, selbst wenn er dazu in der Lage wäre. Und im gewählten Beispiel ist er dazu in der Lage – aber Du hast Deine Verhandlungsmacht direkt abgegeben, indem Du Dein Karten offengelegt hast.

Tipp 1: Auch Verkäufer loten relativ aus, um den besten Preis für einen Auftrag zu erhaschen. Entlockt er Dir eine absolute Forderung, die höher als Deine Kalkulation ist, nimmt er den Zusatzverdienst mit. Durch diese selbstgeschaffene höhere Schmerzgrenze verlierst Du Einsparpotenziale.

Tipp 2: Wenn Du dem entgegenwirken willst, kann ich Dir mein Minibook: „Verhandeln mit Monopolisten“ empfehlen – die darin vorgestellten Tipps und Tricks funktionieren auch jetzt in dieser (Corona-)Zeit, in der Du vielleicht glaubst, um jeden Preis bei einem Anbieter abschließen zu müssen.

Hintergrund-Info:

Woher kommt eigentlich der Begriff „ausloten“? Ausloten bzw. loten kenne ich aus der Schifffahrt. Der Rhein mag inzwischen ein biologisch sauberes Gewässer sein, trotzdem lässt er sich nicht auf den Grund schauen. Will der Kapitän wissen, wie tief das Wasser ist, nutzt er ein Lot. Früher war das ein Senkblei, ein schwerer Bleiklumpen an einem meterweise markierten Seil. Man ließ das Seil Meter um Meter in das Gewässer sinken und merkte, wenn das Gewicht des Bleiklumpens auf dem Boden auflag. Aus der Länge des markierten Seils ergab sich die Wassertiefe. Genauso loten wir den Preis aus. Wir nähern uns Stück um Stück dem wahren Preislimit, der Schmerzgrenze. Das Blei liegt auf, wenn der Verkäufer nicht mehr nachgibt.

Übrigens: Die einzigartige Mauerbrecher-Fragetechnik von Urs Altmannsberger finden Sie ausführlich mit vielen Dialogbeispielen erläutert im Buch „Profitabler Einkauf“ bei Amazon. Du brauchst das Buch aber nicht zu kaufen. Für Sparfüchse halte ich ein weiteres Angebot unter dem Bild bereit.Buch Profitabler Einkauf

Hier gibt es noch mehr Tipps, Strategien und Wordings aus der Praxis zu konkreten Verhandlungssituationen:

Regelmäßig halte ich kostenlose Webinare für Einkäufer – Aber auch offene Trainings über ein oder zwei Tage. Die aktuell verfügbaren Termine findest du HIER.

PS: Noch ein Tipp: Aktuelle Themen und Praxis-Wissen für Einkäufer erhältst Du immer KOSTENLOS im Verhandler-Podcast „Profitabler Einkauf“: Melde dich an und verpasse keine Folge

Nach oben